„Saubermachen in Wandersachen“

„Saubermachen in Wandersachen“

Zwischen Waldidyll und Fastfoodmüll

Am 10. Mai haben wir zusammen mit der Biosphären VHS St. Ingbert, und KlimaFit St. Ingbert eine Müllwanderung für das Nachhaltigkeitsprogramms der VHS organisiert.

Aufhänger der 5 km langen Wanderung war der Blickwinkel eines Touristen, der extra in die Biosphäre Bliesgau reist, weil er erfahren hat, dass dies die Nachhaltigeste Touristenregion Deutschlands ist. Die Wahl ist das Resultat einer Auswertung aus 40 Nachhaltigkeitskriterien in den Bereichen „Strategie & Planung“, „Klimaschutz & Mobilität“ sowie „Kultur & Identität“.

Zu der Müllwanderung hat sich eine schöne Gruppe angemeldet und wir sind ein Stück über den Premium Hüttenwanderweg gewandert. Natürlich ging es nicht nur um Müll, sondern auch um andere Aspekte der Nachhaltigkeit.

So wurde thematisiert, dass die Landwirtschaft in der Biosphäre besonders kleinteilig ist und es nicht viele Betriebe der Massentierhaltung gibt. Dem steht aber ein Fleischkonsum gegenüber, bei dem 98% des konsumierten Schweinefleischs außerhalb des Saarlandes bezogen wird und nur 2% aus eigener Produktion gedeckt werden können. Auch die mangelhafte Klimafolgenanpassung wurde besprochen, denn bei Starkregen laufen die Kläranlagen über. Noch jetzt hägt die Ufervegetation der Blies voll mit Plastikmüll vom Pfingsthochwasser 2024.

Nachhaltige Mobilität war auch ein wichtiges Thema, denn hier findet der Tourist nur wenige positive Beispiele im Saarland. Mit 655,2 Autos pro 1000 Einwohnern hat das Saarland die höchste Autodichte in Deutschland. Fahrende und parkende Autos belegen im Saarland eine Fläche von rund 1400 Fußballfelder (zum Vergleich: die 40 Windkraftanlagen im Saarland belegen mit ihrem Fundament weit weniger als ein Fußballfeld).

Unser Wanderer kommt aber nun vom Weg ab, und kommt den Autos und dem Müll immer näher. An einem P+R konnte sehr viel Müll gesammelt werden, denn überall lagen Einwegverpackungen von den Fastfoodketten. Es wurde diskutiert, wie sinnvoll es ist, dass ToGo niedriger besteuert wird als der Konsum eines Kaffees direkt vor Ort aus einer Tasse. Das ist nicht nachhaltig. 320.000 Einwegbecher werden pro Stunde in Deutschland weggeworfen. Das verursacht einen großen ökologischen Schaden, ist aber auch eine hohe finanzielle Belastung für die Bürger.

Im Saarland hat keine einzige der Kommunen eine kommunale Einwegsteuer nach Tübinger Vorbild eingeführt. In der nachhaltigsten Touristenregion Deutschlands tut man praktisch nichts gegen das unnachhaltigste Produkt – den Einwegbecher. Sehr interessiert waren die Teilnehmer der Exkursion an dem Zusammenhang von Politik und Parteispenden. Auch im Saarland zeigten sich viele Kommunen offen für eine kommunale Einwegsteuer. Inzwischen gab es aber viele Parteispenden durch die Fastfoodindustrie und plötzlich fürchten die Kommunen aber den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen. In unserem Webinar zum Thema, bei dem die Stadt Tübingen ihre Erfahrungen dazu geschildert hat, wurde aber versichert, dass es diesen bürokratischen Aufwand gar nicht gibt, da die Unternehmen schon jetzt alles machen müssen, seit es die „Mehrwegangebotspflicht“ gibt.

Es gab viele Fragen zu dem Thema und hier kommen die Antworten:

  • Die Mehrwegangebotspflicht wurde im Saarland noch nie kontrolliert
  • Keine Kommune hat eine kommunale Einwegsteuer eingeführt
  • Keine Kommune kontrolliert das EU-weite Einwegplastikverbot (das seit dem 3. Juli 2021 gilt)
  • Keine Kommune im Saarland hat in diesem Jahr ein Bußgeld für weggeworfene Zigarettenkippen erhoben.
  • Keine Kommune hat eine Taschenaschenbecherpflicht eingeführt und überall stehen Mülleimer, die die Giftstoffe einfach so in unser Grundwasser ableiten.
  • Keine Kommune hat (unseres Wissens nach) Gelder aus dem Einwegkunststofffondsgesetz beantragt.

Am Ende der Müllwanderung war unser „Tourist“ sehr ernüchtert und hat nebenbei 400 Liter Fastfoodmüll eingesammelt.

Als Trostpflaster gab es für alle Teilnehmer zum Schluss noch nachhaltige Muffins, die aus Zutaten aus der Lebensmittelrettung gebacken wurden.

-> Wer die Strecke nachgehen will: Zwischen Waldidyll & Fastfoodmüll

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